AWO Weser-Ems fordert Verantwortungsbewusstsein der Selbstverwaltung in Sachen Pflegesätze

11.02.2015

Bezirksvorsitzender Dr. Harald Groth: „Kritik von Laumann an geringen niedersächsischen Löhnen in der Pflege greift ins Leere, wenn Tarifverträge nicht anerkannt werden“

„Die Kritik vom Pflegebeauftragten der Bundesregierung Karl-Josef Laumann an dem schlechten Niveau der Bezahlung von Altenpflegekräften in Niedersachsen läuft ins Leere, wenn nicht an das Verantwortungsbewusstsein der Selbstverwaltung in Sachen Verhandlungen der Pflegesätze massiv appelliert wird“, kritisiert Dr. Harald Groth, Vorsitzender des AWO Bezirksverbandes Weser-Ems. Nicht die Tarifparteien seien hier anzugreifen oder die Träger von Pflegeeinrichtungen, sondern die Kostenträger, die zwar verbal die Vereinbarung von Tariflöhnen fordern und gutheißen, dann aber in der Praxis vorhandene Tarifverträge im Rahmen von Pflegesatzverhandlungen quasi bekämpfen, weil sie diese über ihre Verhandlungsbeauftragten nicht oder nicht in Gänze akzeptieren.

Landkreise verweigern teilweise Refinanzierung von Tariflöhnen

Ein Beispiel aus der jüngsten Zeit verdeutlicht dieses explizit: Im Frühsommer des Jahres 2014 konnte die AWO Weser-Ems zusammen mit der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di einen Tarifvertrag für die Mitarbeiter einer Altenpflegeeinrichtung abschließen. Der Tarifvertrag bringt deutliche Verbesserungen insbesondere im Bereich der Anzahl der Urlaubstage, einer Jahressonderzahlung und der betrieblichen Altersvorsorge mit sich. „Der Tarifvertrag wurde unsererseits auch im Vertrauen auf eine Refinanzierung über die vom zuständigen Landkreis und der Pflegekasse zu verhandelnden Pflegeentgelte abgeschlossen, was sich aber als Irrtum erweisen sollte“, so Dr. Harald Groth. Die Pflegeentgelte werden zwischen dem Träger von Altenhilfeeinrichtungen, den Landkreisen oder kreisfreien Städten beziehungsweise deren Verhandlungsbevollmächtigte und den Pflegekassen verhandelt. „Die Kosten für den im Sommer abgeschlossenen Tarifvertrag sollten nicht sofort in die Pflegeentgelte integriert, sondern über mehrere Jahre gestreckt werden. Damit wird uns als Träger die entstehende Differenz aufgebürdet“, erläutert der AWO Bezirksvorsitzende. Derzeit befinde man sich im Schiedsgerichtsverfahren.

Allgemeingültiger Tarifvertrag könnte Problem lösen

Sowohl die AWO Weser-Ems wie auch die Gewerkschaft ver.di streben bundesweit einen für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der sozialen Branche und damit auch in der Pflege tätigen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag Soziales an. „Gegenseitiges Unterbieten verschiedener Träger bei den Preisen für zu erbringende Leistungen, was fast immer auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen wird, soll damit ein Ende haben“, bekräftigt Dr. Harald Groth und ergänzt: „Damit Tarifverträge grundsätzlich und auch der von uns geforderte Tarifvertrag Soziales dann auch von den Kostenträgern anerkannt wird, muss die Selbstverwaltung im Rahmen der Pflegesatzverhandlungen entweder verantwortungsbewusst handeln oder in letzter Konsequenz eingeschränkt werden, so wie die niedersächsische Sozialministerin dieses fordert. Herr Laumann könnte sich hier an die Spitze der Bewegung setzen, um die Ernsthaftigkeit seiner Kritik an den niedrigen Löhnen in Niedersachsen zu belegen. Eine Verordnungsermächtigung per Bundesgesetz, wie Ministerin Rundt dieses vorschlägt, wäre der richtige Weg, wenn der Appell an die Selbstverwaltung nicht ausreicht“.

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