Verteuerung der Kurzzeitpflege könnte sich als Bumerang erweisen

03.02.2011
Einsparung der Landesregierung geht insbesondere zu Lasten der Betroffenen im ländlichen Raum.

Rund 16 Euro pro Tag ist die Kurzzeitpflege seit Januar 2011 in Niedersachsen teurer geworden, wenn sie in vollstationären Pflegeheimen und nicht in sogenannten solitären Einrichtungen stattfindet, die ausschließlich Kurzzeitpflege anbieten. Hintergrund ist, dass der Investitionskostenzuschuss des Landes Niedersachsens nur noch für Kurzzeitpflegeplätze gezahlt wird, wenn diese in dafür eigens eingerichteten Heimen angeboten werden. Während eines Besuches des Arbeitskreises Sozialpolitik der SPD Landtagsfraktion unter Leitung des stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Uwe Schwarz bei der AWO Weser-Ems hat der AWO Bezirksvorsitzende Dr. Harald Groth die Kürzungen in der Kurzzeitpflege und deren Auswirkungen ausführlich mit den anwesenden Landtagsabgeordneten diskutiert.

"Diese Einsparung geht einerseits zu Lasten der pflegenden Angehörigen, die mit Hilfe der Kurzzeitpflege bis zu vier Wochen im Jahr eine Auszeit nehmen können und andererseits wird sich im Bereich der Verhinderungspflege zum Beispiel nach Krankenhausaufenthalten die Tendenz verstärken, den Krankenhausaufenthalt zu verlängern oder gleich in die dauerhafte vollstationäre Pflege auszuweichen", kritisiert Dr. Harald Groth, Vorsitzender des AWO Bezirksverbandes Weser-Ems.
Hinzu kommt, dass insbesondere im ländlichen Raum kaum reine Kurzzeitpflegeeinrichtungen vorhanden sind. Somit würde die Inanspruchnahme von Kurzzeitpflege für die meisten damit auch erschwert werden. "Anstatt auch den Angehörigen die Möglichkeit, eine Auszeit von ihrer aufopferungsvollen Aufgabe zu gönnen, werden sie, wenn sie nicht in der Nähe einer ausschließlich auf Kurzzeitpflege ausgerichteten Einrichtung wohnen, auch noch bestraft", kommentiert Groth. Kurzzeitpflege dient auch der Pflegevermeidung, wenn der Betroffene in der Zeit der Kurzzeitpflege eventuell wieder aktiviert werden kann und klärt, ob zukünftig ambulante Dienste ausreichen oder ob eine vollstationäre Pflege nötig ist. Da nur in größeren Städten reine Kurzzeitpflegeeinrichtungen vorhanden sind, kommt für Betroffene in ländlichen Regionen dann oft nur noch der Weg in die dauerhafte Pflege in Frage.
"Der Verweis auf die seperate Kurzzeitpflegeeinrichtungen seitens der Landesregierung läuft ins Leere und die Familien werden mit den Pflegebedürftigen allein gelassen."

Die Landesregierung begründet ihre Entscheidung damit, dass bei 37 % der zu Pflegenden nach einer Kurzzeitpflege, wenn diese an einer vollstationären Einrichtung angegliedert sind, der Übergang in eine Dauerpflege erfolgt. Bei Solitäreinrichtungen seien dieses nur 20 %. "Hier unterstellt die Landesregierung den pflegenden Angehörigen und den Betroffenen, dass sie die Kurzzeitpflege als Abschiebebahnhof für die vollstationäre Pflege benutzen", so Dr. Groth. Häufig seien die Angehörigen durch die Pflege körperlich und psychisch so belastet, was sich erst in der Auszeit zeige und einen Übergang der zu Pflegenden in eine vollstationäre Einrichtung erforderlich mache. Die jetzt mit Wirkung ab Januar 2011 vorgenommene Kürzung hingegen zwingt alte Menschen ohne den Versuch unternehmen zu können, über die Kurzzeitpflege wieder in ihre angestammte Wohnumgebung zu gelangen, in die dauerhafte stationäre Pflege.

"Zielsetzung der finanziellen Förderung der Kurzzeitpflege ist nach dem Sozialgesetzbuch die Stärkung der Pflegebereitschaft und Pflegefähigkeit pflegender Angehöriger. Die jetzige Neuregelung lässt eine deutliche Schlechterstellung der gerade im ländlichen Raum noch häufig stattfindenden Pflege in den Familien befürchten", resümiert Dr. Groth. Derart rabiate Kürzungen der Niedersächsischen Landesregierung passen nicht zu deren Erklärungen, alten Menschen helfen zu wollen ohne Heimunterbringung mit ambulanten und teilstationären Angeboten auszukommen.

Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an:

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Hannelore Hunter-Roßmann
Klingenbergstraße 73
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