AWO Weser-Ems: Niedrige Pflegesätze in Niedersachsen sind Hauptursache für Insolvenzen von Altenheimen

25.03.2010
"Die Insolvenzen der Hansa-Gruppe und von drei stationären Altenhilfeeinrichtungen der Diakonie sind eng verbunden mit den niedrigen Pflegesätzen in Niedersachsen", so ist Dr Harald Groth, Vorsitzender des AWO Bezirksverbandes Weser-Ems überzeugt. Es sei Fakt, dass in Niedersachsen die Refinanzierung insbesondere der Personalkosten - ohne erkennbaren Widerstand auch der Arbeitnehmervertreter in der Selbstverwaltung der Kassen - weit unter der anderer Bundesländer liege. Die von Politik und Pflegekassen in 2008 zugesagte Korrektur (Konversionsphase) ist leider ausgeblieben. Auch die gestiegenen Energiekosten der vergangenen Jahre sowie die Betreuungsangebote zum Beispiel Gedächtnistraining würden bei den Pflegesätzen in Niedersachsen nicht berücksichtigt. Der Anteil an privaten Einrichtungen, die ihr Personal häufig weit unter den Tariflöhnen oder Richtlinienverträgen der Träger der Freien Wohlfahrtspflege bezahlen, ist mit 60 % in diesem Bundesland besonders hoch. "Die Pflegekassen orientieren sich aber an "ortsüblichen", untertariflichen Bezahlungen und treiben damit, wie nun deutlich wird, diejenigen Einrichtungen in den Ruin, die aus sozial-ethischen Gründen an Tariflöhnen festhalten", so Dr. Groth. Jetzt zeigt sich, dass der Gesetzgeber mit dem Bezug zur verfassungsrechtlich fragwürdigen "Ortsüblichkeit" zur Abkehr vom Tariflohn förmlich eingeladen hat. Viele Träger können sich nur mit Notlagentarifverträgen über Wasser halten, bei denen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf Gehaltsteile wie Weihnachts- und Urlaubsgeld verzichten oder sogar monatliche Kürzungen in Kauf nehmen müssen.

"Das Signal, was insbesondere an junge Menschen gesendet wird, die sich für einen Beruf in der Altenpflege interessieren, ist verheerend. Anstatt diesem schweren, aber auch erfüllendem Tätigkeitsfeld Wertschätzung entgegen zu bringen, wird nur auf Kosten geschaut", kritisiert der Bezirksvorstizende der AWO Weser-Ems. Schon jetzt bestehe Personalknappheit, weil Nachwuchskräfte fehlen. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels müsse aber einerseits dieser Dienst am Menschen in der Gesellschaft deutlich aufgewertet werden und andererseits eine angemessene Bezahlung damit verbunden sein.

Angesichts der aktuellen Entwicklung fordert die AWO Weser-Ems die niedersächsische Sozialministerin auf, einen Runden Tisch einzurichten, an der die Träger von Altenhilfeeinrichtungen und die Pflegekassen vertreten sind, um diese präkere Situation zu analysieren und daraus ableitend Lösungen zu erarbeiten. "Es wird höchste Zeit, dass in Niedersachsen endlich ein Umdenken einsetzt, damit Pflege nicht den Kräften des Marktes ausgeliefert wird, nach dem Motto 'je billiger, desto besser'. Das ist nicht im Interesse der hilfebedürftigen Menschen", so Dr. Groth.

[Zurück zur Übersicht]