AWO Weser-Ems kritisiert falsche Familienpolitik und fordert Umsetzung des Mindeslohns in der Pflege

04.02.2010
Oldenburg. "Diese Regierungspolitik setzt falsche Prioritäten und vergrößert die Schere zwischen Arm und Reich, zwischen Privilegierten und Benachteiligten in unserer Gesellschaft", bilanziert Dr. Harald Groth, Vorsitzender der AWO Weser-Ems und Mitglied im AWO Bundesvorstand die ersten 100 Tage der schwarz-gelben Koalition.

Als erstes Negativbeispiel ist die Kindergelderhöhung zu nennen: Spitzenverdiener profitieren durch die Erhöhung des Kinderfreibetrags bei der Steuer von 6.024 Euro auf 7.008 Euro am meisten, Normal- und Gutverdiener bekommen immerhin 20 Euro mehr im Monat, aber gerade die Kinder von Langzeitarbeitslosen und Familien im Sozialgeldbezug profitieren überhaupt nicht von den Entscheidungen der Koalition, denn jede Kindergelderhöhung wird in vollem Umfang auf das Sozialgeld angerechnet. "Dabei ist schon lange klar, dass unser System zur Familienförderung bürokratisch, undurchsichtig und sozial ungerecht ist - und es hat nicht verhindert, dass mittlerweile mehr als 2,4 Millionen Kinder in Deutschland offiziell als arm gelten", betont Dr. Groth. Hier müsse dringend gesetzlich nachgebessert werden.

Ebenfalls im Bereich der Familienpolitik ist der Betreuungsausbau negativ beeinflusst: Mit sinnlosen Steuergeschenken treibt der Bund die Kommunen derart in Finanznot, dass die Ziele, die Zahl der Betreuungsplätze insbesondere für Unter-Dreijährige massiv auszubauen und 2013 den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ab dem vollendeten ersten Lebensjahr zu gewährleisten. in immer weitere Ferne rückt. Statt den Kommunen verstärkt unter die Arme zu greifen, damit die Vereinbarkeit von Beruf und Familie endlich verbessert wird und insbesondere benachteiligte Kinder frühe Bildungschancen bekommen, diskutiert die Bundesregierung ein Milliarden teures Betreuungsgeld fürs Zuhause bleiben - "Das ist eine familienpolitische Bankrotterklärung und düpiert alle bildungspolitischen Sonntagsreden", resümiert der AWO Bezirksvorsitzende.

Bezüglich eines Mindeslohns in der Altenpflege hofft die AWO Weser-Ems, dass die noch in der alten Legislaturperiode einberufene Kommission, die nur noch die Höhe des beschlossenen Mindestlohns für die rund 600.000 Altenpflegerinnen und Altenpfleger festsetzen muss, mit Unterstützung des Bundesarbeitministeriums schnell zu einer einvernehmlichen Lösung kommt. "Wir werden in den nächsten Jahren ganz dringend junge Menschen benötigen, die bereit sind, diesen Dienst an der Gesellschaft zu leisten. Dass das aber nur mit einer gerechten Bezahlung passieren wird, steht außer Frage. Der fehlende Mindestlohn führt hingegen zu immer mehr Verwerfungen in der Branche", so Dr. Harald Groth.
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