Bekämpfung von Kinderarmut ist eine ökonomische Notwendigkeit

24.08.2009
Wirtschaftsredakteurin sieht durch Kinderarmut die Zukunft Deutschlands in Gefahr

Oldenburg. Der AWO Bezirksverband Weser-Ems e. V. startete Mitte Mai die Kampagne "Kinderarmut stoppen", die unter der Schirmherrschaft von Willi Lemke, UN Sonderbeauftragter für Sport im Dienst von Entwicklung und Frieden und ehemaliger Manager von Werder Bremen, steht. Mit eindrucksvollen Plakatmotiven, Postkarten und Faltblättern sowie mehreren Fachveranstaltungen in der gesamten Region Weser-Ems will die AWO auf die Ursachen und insbesondere die dramatischen Folgen von Kinderarmut aufmerksam machen.

Im Rahmen der Kampagne referierte Ulrike Meyer-Timpe, Wirtschaftsredakteurin der Wochenzeitung "Die Zeit" und Buchautorin, in der Oldenburger Carl von Ossietzky Universität am Montagabend vor rund 70 Gästen zum Thema "Unsere armen Kinder - Wie Deutschland seine Zukunft verspielt". In ihrem Vortrag führte Ulrike Meyer-Timpe aus: Wer als Kind keine Chance auf adäquate Bildung und als Jugendlicher auf Ausbildung erhält, kann auch als Erwachsener kaum der Armut entrinnen. Entsprechend gering sind die Chancen, dass die Betroffenen eines Tages den eigenen Kindern einen besseren Start ins Leben ermöglichen. Inzwischen gibt es bereits Familien, die in der dritten Generation von Sozialgeld leben und dabei immer mehr verelenden. Abgesehen davon, dass dieser teuflische Kreislauf in der reichen Bundesrepublik ein sozialpolitischer Skandal ist, geht es auch um die wirtschaftliche Zukunft Deutschlands. Zunehmende Kosten des Sozialstaates und gleichzeitig dringend benötigte gut ausgebildete Fachkräfte bergen, gepaart mit der wachsenden Kinderarmut, ein ökonomisch nicht zu vernachlässigendes Risiko. "Deutschland kann es sich nicht leisten, Millionen von Kindern, die unverschuldet in Armut hineingeboren werden, eine entsprechende Bildung zu verweigern - im Gegenteil. Deutschland wird schon bald jeden einzelnen dieser jungen Menschen brauchen, egal aus welchem Elternhaus", so die Wirtschaftsjournalistin. Demnach ist Kinderarmut nachhaltig zu bekämpfen, nicht nur aus der Motivation der sozialen Gereichtigkeit heraus, sondern als ökonomische Notwendigkeit.

In seinem Grußwort zu Beginn der Veranstaltung verdeutlichte Vorsitzender Dr. Harald Groth die Motive des AWO Bezirksverbandes Weser-Ems e. V. für diese Kampagne: "Die AWO Weser-Ems ist nicht länger bereit, die Kinderarmut in Deutschland und ihre dramatischen Folgen zu akzeptieren. Lediglich bei der Bewältigung der Symptome helfend einzugreifen oder diese nur anzumahnen, reicht nicht aus. Es gilt, die Ursachen der Kinderarmut zu beseitigen, deshalb fordern wir dringend einen nachhaltigen sozialpolitischen Richtungswechsel - und zwar jetzt", so der Vorsitzende.

Armut ist der größte und weitreichendste Risikofaktor für eine positive kindliche Entwicklung: das bestätigt auch die einzige in Deutschland existierende und von der AWO in Auftrag gegebene Langzeitstudie vom Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik (ISS) in Frankfurt über die Auswirkungen von Kinderarmut im Vorschulalter bis zum Ende der Grundschulzeit. Gleichzeitig beabsichtigt der Wohlfahrtsverband mit der Kampagne, seiner Forderung nach einer monatlichen Kindergrundsicherung in Höhe von 500 Euro Nachdruck zu verleihen. "Eine Kindergrundsicherung mit eindeutiger Klärung der Schnittstellen (z. B. BAFöG, Wohngeld, Kosten der Unterkunft) in Höhe von 500 Euro monatlich und die Herausnahme der Kinder aus der Hartz IV Logik ist das Mutigste und das Beste für alle Kinder", so Dr. Groth. Der Betrag setzt sich zusammen aus dem vom Bundesverfassungsgericht festgestellten sächlichen Existenzminimum in Höhe von 322 Euro und den ebenfalls höchstrichterlich festgestellten Kosten von 180 Euro für Betreuung, Erziehung und Ausbildung.

Unter die sogenannte relative Armut in Deutschland fallen mehr als 2,4 Millionen Kinder, weitere 1,5 Millionen sind davon unmittelbar bedroht, weil das Einkommen ihrer Eltern trotz Vollzeitarbeit, aber dank Dumpinglöhnen, knapp über dem Hartz IV-Niveau liegt. Mit Armut in Deutschland ist vor allem Alltäglichen heißt das, dass betroffene Kinder und Jugendliche nicht an Klassenreisen oder Ausflügen teilnehmen können, dass sie keinen Geburtstag mit Freunden feiern können und vor allem dass sie nur erschwert weiterführende Schulen besuchen können, weil die Begleitkosten das zur Verfügung stehende Familienbudget übersteigen.

Allgemeine Informationen zur AWO Weser-Ems
Die AWO Gruppe Weser-Ems beschäftigt im gesamten Bereich des ehemaligen Regierungsbezirks Weser-Ems rund 2.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in über 60 Einrichtungen der Kinder, Jugend- und Familienhilfe, der Altenhilfe und der Hilfe für Menschen mit seelischen Behinderungen. Der AWO Bezirksverband Weser-Ems e. V. mit seinen 14.000 Mitgliedern, 13 Kreisverbänden und 160 Ortsvereinen wird ehrenamtlich durch den Vorsitzenden Dr. Harald Groth und seine beiden Stellvertreter Dr. Lothar Knippert und Hermann Bontjer geführt. Das operative Geschäft des Vereins und der Gesellschaften leitet Verbandsgeschäftsführer Thomas Elsner zusammen mit den Geschäftsführern Torsten Brandes und Marco Mohrmann.

Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an:
AWO Bezirksverband Weser-Ems e. V.
Hannelore Hunter-Roßmann
(Verbands- und Unternehmenskommunikation)
Telefon: 04 41/48 01-193
Mobil: 01 70/8 35 60 47
E-Mail: hunter-rossmann@zentrale.awo-ol.de

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