AWO: Der Armut ihr Kindergesicht nehmen

20.10.2009
Arbeiterwohlfahrt Weser-Ems sieht Überprüfung der Hartz IV Regelsätze als Chance für Kindergrundsicherung

Oldenburg. "Kinderarmut ist ein Skandal und kein Schicksal und hat vor allem weitreichende negative Folgen für die Entwicklung und Chancen von Kindern und Jugendlichen. Dieses wird seit Jahren durch etliche Forschungen nachhaltig belegt. Dass das Bundesverfassungsgericht auf Antrag vom Bundessozialgericht nun die Hartz IV Bedarfssätze für Kinder überprüft, ist längst überfällig. Wir hätten uns gewünscht, dass die verantwortlichen Politikerinnen und Politiker mehr auf die Fachleute aus den Wohlfahrtsverbänden gehört hätten, dann wäre den betroffenen Kindern schon lange viel Armut und Chancenungleichheit erspart geblieben", so Dr. Harald Groth, Vorsitzender des AWO Bezirksverbandes Weser-Ems e. V. "Wir sehen die jetzige Überprüfung als reelle Chance für einen Paradigmenwechsel in der Sozialpolitik hin zu einer bedarfsgerechten Versorgung der Schwächsten unserer Gesellschaft, den Kindern. Ausdrücklich begrüßt die AWO Weser-Ems, dass Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier ein ‚menschenwürdiges Dasein‘ als Prüfmaßstab für das Verfassungsgericht zu Grunde legt.“

Skandalös und menschenunwürdig sei schon die Berechnung der prozentual an einem Erwachsenen orientierten Kinderregelsätze, kritisiert Thomas Elsner, Verbandsgeschäftsführer der AWO Weser- Ems. "Schulmaterialien, Geld für Klassenfahrten, Mitgliedschaften in Vereinen oder die Bekleidung für Kinder, die ständig wachsen, werden derzeit nur unzureichend berücksichtigt. Kinder sind eben keine kleinen Pressedienst AWO Bezirksverband Weser-Ems e. V. Oldenburg, 20.10.2009 Erwachsenen, sie haben andere Bedarfe, die durch die jetzigen Sätze nicht ansatzweise gedeckt werden können."

Nicht nur die AWO Weser-Ems sondern ein bundesweites Bündnis von Wohlfahrtsverbänden und Institutionen in Deutschland prangert seit Jahren die stetig wachsende Kinderarmut im reichen Deutschland an, derzeit gelten rund 2,4 Millionen Kinder als arm, und fordert eine Kindergrundsicherung (www.kinderarmut-hat-folgen.de).

Die Kampagne "Kinderarmut stoppen" der AWO Weser-Ems macht seit Mitte Mai auf die Problematik auch in der hiesigen Region aufmerksam und beleuchtet die Folgen von Kinderarmut in mit hochkarätigen Referenten besetzten Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen. "Wir erwarten, dass das Bundesverfassungsgericht die Kinderregelsätze für verfassungswidrig erklärt und sehen diese Entwicklung auch als eine positive Folge des immer stärker werdenden öffentlichen Bewusstseins. Dann wäre der Weg frei, das System dahingehend zu verändern, dass Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung nicht mehr abhängig sind vom finanziellen Status ihrer Eltern. Der sozialen Stigmatisierung und Chancenlosigkeit durch die Hartz IV Regelsätze könnte endlich ein Ende gesetzt werden", hofft AWO Bezirksvorsitzender Dr. Groth.

"Eine Kindergrundsicherung in Höhe von monatlich 500 Euro ist das Mutigste und das Beste für alle Kinder", so Verbandsgeschäftsführer Thomas Elsner, "der Betrag setzt sich zusammen aus dem vom Bundesverfassungsgericht festgestellten sächlichen Existenzminimum in Höhe von 322 Euro und den ebenfalls höchstrichterlich festgestellten Kosten von 180 Euro für Betreuung, Erziehung und Ausbildung".

Mit Armut in Deutschland ist insbesondere die mangelnde Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gemeint. Im Alltäglichen heißt das, dass betroffene Kinder und Jugendliche nicht an Klassenreisen oder Ausflügen teilnehmen können, dass sie keinen Geburtstag mit Freunden feiern können und vor allem dass sie nur erschwert weiterführende Schulen besuchen können, weil die Begleitkosten das zur Verfügung stehende Familienbudget übersteigen. Letzteres führt dazu, dass der Spirale von Kinderarmut - Bildungsarmut - Kinderarmut kaum mehr entkommen werden kann.

Seit ihrer Gründung im Jahre 1919 beschäftigt sich die Arbeiterwohlfahrt mit dem Phänomen von Armut und ist der Überzeugung, dass Armut, insbesondere Kinderarmut, keine individuellen Ursachen hat, also selbstverschuldet ist, sondern ein gesellschaftlich begründetes Problem ist. Daraus ableitend kann Armut auch nur durch einen Wechsel im Solidaritätsgedanken der ganzen Gesellschaft und durch staatliche Maßnahmen gelöst werden. Weiter Informationen zur Kampagne "Kinderarmut stoppen" des AWO Bezirksverbandes Weser-Ems e. V. unter www.kinderarmut-stoppen.de

Allgemeine Informationen zur AWO Weser-Ems
Die AWO Gruppe Weser-Ems beschäftigt im gesamten Bereich des ehemaligen Regierungsbezirks Weser-Ems rund 2.800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in über 60 Einrichtungen der Kinder, Jugend- und Familienhilfe, der Altenhilfe und der Hilfe für Menschen mit seelischen Behinderungen. Der AWO Bezirksverband Weser-Ems e. V. mit seinen 14.000 Mitgliedern, 13 Kreisverbänden und 160 Ortsvereinen wird ehrenamtlich durch den Vorsitzenden Dr. Harald Groth und seine beiden Stellvertreter Dr. Lothar Knippert und Hermann Bontjer geführt. Das operative Geschäft des Vereins und der Gesellschaften leitet Verbandsgeschäftsführer Thomas Elsner zusammen mit den Geschäftsführern Torsten Brandes und Marco Mohrmann.

Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an:
AWO Bezirksverband Weser-Ems e. V.
Hannelore Hunter-Rossmann
Elisabeth-Frerichs-Haus
Klingenbergstraße 73
26133 Oldenburg
Telefon: 04 41/48 01-193
Mobil: 01 70/8 35 60 47
E-Mail: hunter-rossmann@zentrale.awo-ol.de
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