Altenpflege in Niedersachsen sozialpolitische Katastrophe

27.07.2009

Altenpflege in Niedersachsen sozialpolitische Katastrophe
Landesregierung treibt tarifgebundene Träger in den Ausverkauf

Oldenburg. Der vor Kurzem erfolgte Verkauf von fünf defizitären Pflegeeinrichtungen der Caritas Hannover an einen ostdeutschen Anbieter (Westarbeit zum Osttarif) macht deutlich, wie sich die Situation in der Altenhilfe für die tariflich zahlenden Träger der Freien Wohlfahrtspflege zugespitzt hat. "Die Pflegesätze in Niedersachsen sind viel zu niedrig, um die Refinanzierung von Tariflöhnen gewährleisten zu können", so Dr. Harald Groth, Vorsitzender der Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Weser-Ems e.V.

Niedersachsen hat die niedrigsten Pflegesätze in Westdeutschland. Die Pflegekassen orientierten sich dabei zunächst an den Durchschnittskosten der Pflegeeinrichtungen (externer Vergleich) und seit 2008 an den so genannten "ortsüblichen Bezahlungen". Da Niedersachsen mit 59% einen ungewöhnlich hohen Anteil privat-gewerblicher, in der Regel nicht tarifgebundener Anbieter aufweist, die ihre Beschäftigten fast durchgängig und im Besonderen in den unteren Lohn- und Gehaltsgruppen (Pflegehilfskräfte, Wirtschaftsdienste) deutlich niedriger bezahlen, können die gewerblichen Anbieter – die daher auch eine große Sorge haben vor dem von der AWO geforderten Mindestlohn für Hilfskräfte- aus den Pflegesätzen Gewinn schlagen, während tarifgebundenen Trägern das Wasser bis zum Hals steht.

"Das Sozialministerium zieht sich immer wieder aus der Affäre und nimmt damit wissentlich den Ausverkauf der tarifgebundenen, frei-gemeinnützigen Träger in Kauf", kritisiert der AWO-Vorsitzende und fügt hinzu: "Vernünftige Tariflöhne gelten zurzeit nur noch in der Verwaltung der Pflege, also den Ministerien, Ämtern und Kassen. Am Pflegebett grassiert schon längst ein Lohndumping nicht hinnehmbaren Ausmaßes."

Während andere Bundesländer sich schon seit 2001 gegen die Missachtung der Tarifautonomie verhalten haben, hat Niedersachsen nichts gegen das Tariflohndumping unternommen.

Dabei ist die Altenpflege schon auf Grund der demografischen Entwicklung ein Tätigkeitsfeld mit Zukunft. Was aber, so fragt sich die AWO, wenn diese Arbeit von niemandem mehr gemacht werden will, weil die Finanzierung und die Bedingungen katastrophal sind?"

Die AWO Weser-Ems fordert die Sozialministerin und die niedersächsische Landesregierung daher dringend auf, Möglichkeiten für die Kommunen zu eröffnen, um die Pflegesätze in Niedersachsen deutlich zu erhöhen, eine Differenzierung zwischen tarifgebundenen und nicht-tarifgebundenen Anbietern vorzunehmen sowie dafür zu sorgen, dass dem so wichtigen und unerlässlichen Berufszweig Altenpflege endlich die ihm angemessene gesellschaftliche und finanzielle Anerkennung zuteil wird.

Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an:

AWO Bezirksverband Weser-Ems e. V.
Hanna Naber
Klingenbergstraße 73
26133 Oldenburg
Mobil: 0173/20 49 620

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