AWO Weser-Ems: Niedersächsische Kampagne „Pflegeberufe haben Zukunft“ – Zuviel Aktionismus statt konkrete Problemlösung!

28.06.2011
Das Sozialministerium in Niedersachsen hat kürzlich die Initiative „Pflegeberufe haben Zukunft“ ins Leben gerufen. Grundsätzlich begrüßt die AWO Weser-Ems, dass die Sozialministerin sich des Themas Pflege annimmt. Gleichwohl müsse man nun achtgeben, dass nicht auf reinen Selbstzweck abzielender Aktionismus die tatsächlichen Probleme der Pflege in Niedersachsen überlagert. Imagekampagnen und Anreize seien gut, aber nur wirksam, wenn die eigentlichen Verwerfungen in Niedersachsen endlich erkannt, anerkannt und – durch politischen Einsatzder Ministerin - gelöst werden, betont Dr. Harald Groth, Vorsitzender der AWO Weser-Ems. Vordringliche Probleme, so die AWO Weser-Ems, sind:

  • In Niedersachsen gibt es eine deutlich schlechte Personalausstattung als in anderen westlichen Bundesländern. Das schafft nicht hinnehmbare Arbeitsverdichtung. Hier ist Abhilfe geboten.

  • In Niedersachsen wird die Pflege in Einrichtungen schlechter bezahlt als in allen anderen westlichen Bundesländern. Löhne, insbesondere tarifliche, werden - trotz anderslautender höchstrichterlicher Rechtsprechung – in Pflegesatzvereinbarungen nicht anerkannt. Etliche Einrichtungen mussten Insolvenz anmelden (bis dato 16 in Niedersachsen), andere haben Tariflöhne unterschreitende Notlagentarifverträge vereinbart, viele Pflegeeinrichtungen in Niedersachsen schreiben „rote Zahlen“ und bedürfen der Subvention.

  • Die Krankenpflege in Pflegeeinrichtungen wird nicht refinanziert - Niedersachsen hat dieser Regelung 2008 im Bundesrat zugestimmt. Die Folge: DieKrankenpflege, mehr als 30 % der Arbeitszeit einer Altenpflegerin, werden nicht bezahlt, die mobilisierende Aktivierungspflege gerät ins Hintertreffen und das obwohl die Patienten ihre Beiträge an die Krankenversicherung entrichten, ihr Leistungsanspruch mit der stationären Aufnahme aber entfällt.

  • Die höhere Bezuschussung (100 Euro statt 50 Euro) der theoretischen Altenpflegeausbildung ist zu begrüßen, gleichwohl muss die Altenpflege in Gänze schulgeldfrei werden. Eine Abschaffung des Schulgeldes muss erfolgen und/oder es müssen weitere Klassen an öffentlichen Schulen eingerichtet werden, um für die Altenpflege qualifiziert und kostenfrei auszubilden. Noch ist es für viele Pflegeeinrichtungen ein „Marktvorteil“, nicht auszubilden. Dieser Vorteil würde beendet durch eine Umlage für die Altenpflegeausbildung, wie dies in anderen Bundesländern erfolgreich geschieht. Wer als Altenpflegeeinrichtung Umlage zahlt, wird auch ausbilden, um seine Umlage wieder zu generieren.

Die von der AWO im Nordwesten Niedersachsens in den letzten Monaten durchgeführten „Pflegedialoge“ haben eindeutig ergeben: In der Altenpflege Niedersachsen herrscht eine Notsituation – die immer wieder beschönigt wird. Die Pflegebedürftigen und die Mitarbeiter in der Pflege haben einen Anspruch darauf, dass ihre missliche Lage endlich wertschätzend gelöst wird, damit in Niedersachsen „der Pflege nicht die Puste ausgeht“.

Kontakt:

AWO Bezirksverband Weser-Ems e. V.
Hannelore Hunter-Roßmann
Klingenbergstraße 73
26133 Oldenburg
Telefon: 04 41/48 01-1 93
hunter-rossmann@zentrale.awo-ol.de

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